Rufen Sie uns an, und wir vereinbaren einen Termin für ein Gespräch:
Gleichstellungsbüro der Stadt Göttingen
Hiroshimaplatz 1-4
37083 Göttingen
Telefon: (0551) 400-3305
Telefax: (0551) 400-2887
E-Mail: gleichstellungsbuero@goettingen.de
Die Koordinatorinnen zur kommunalen Umsetzung der Istanbul-Konvention von Stadt und Landkreis Göttingen, Anna Maierl und Mirja Ramola, legen gemeinsam mit dem FRAUEN*FORUM Göttingen die Stellungnahme „Femizide stoppen“ vor. Die 25 im FRAUEN*FORUM engagierten Einrichtungen fordern darin ein konsequentes Umsetzen der Istanbul-Konvention.
Die Stellungnahme im Wortlaut:
„Femizide stoppen – Istanbul-Konvention konsequent umsetzen
Erneut wurde in Göttingen ein Femizid verübt. Am 5. Mai 2024 wurde eine Frau von ihrem Ex-Partner getötet. Der Frau wurde aufgrund von Macht- und Besitzansprüchen des Mannes ihr Leben genommen. Sie hinterlässt vier Kinder.
Als Femizid bezeichnet man die Tötung von Frauen und Mädchen als extreme Form geschlechtsbezogener Gewalt (Quelle: Christina Klemm, Frauenhass). Die Täter sind in der Regel Partner oder Ex-Partner, manchmal sind es auch Brüder oder Söhne, nur in den seltensten Fällen handelt es sich um Fremde. Für das Jahr 2023 verzeichnen wir für Deutschland 155 Femizide – das bedeutet, dass fast jeden zweiten Tag in Deutschland eine Frau aufgrund ihres Geschlechts ermordet wird. Auch in Göttingen gibt es durchschnittlich einen Femizid pro Jahr. Aus diesem Grund müssen wir alle dringend hinschauen und das Phänomen als das erkennen und benennen, was es ist: Die Spitze des Eisbergs patriarchaler Gewalt.
Als Patriarchat bezeichnet man eine Gesellschaftsform, in der Männer eine bevorzugte Stellung einnehmen und eine dominante Vorherrschaft gegenüber allen anderen Geschlechtern haben. Es geht um Unterdrückung, Macht und Kontrolle. Patriarchale Gewalt richtet sich auch gegen Inter- und Trans- sowie nicht-binäre Personen.
Um geschlechtsbezogene und häusliche Gewalt zu beenden, hat Deutschland 2017 die Istanbul-Konvention ratifiziert und ist damit eine rechtliche Verpflichtung eingegangen, diese Gewalt konsequent zu bekämpfen. Die Istanbul-Konvention fordert unter anderem starke Präventionsmaßnahmen, eine stabile Finanzierung von und den diskriminierungsfreien Zugang zu Schutzmaßnahmen. Sie benennt Gewalt gegen Frauen als ein strukturelles Problem und verlangt deshalb ein koordiniertes Vorgehen bei der Bekämpfung. Um geschlechtsbezogener und häuslicher Gewalt nachhaltig entgegen zu treten, sind alle öffentlichen Institutionen gefordert: Justiz, Polizei, Politik, Verwaltung, Hilfesystem. Ebenso bedarf es eines Hinsehens von uns allen, also eine Zivilgesellschaft, die sich aktiv gegen Gewalt an Frauen einsetzt.
Die Erhebung zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Stadt und Landkreis Göttingen, die 2023 – beauftragt von den Gleichstellungsstellen von Stadt und Landkreis – von dem Sozialwissenschaftlichen Institut Zoom e.V. durchgeführt wurde, hat auch hier vor Ort Lücken aufgezeigt. Diese gilt es dringend zu schließen. Um einen ersten lokalen Schritt zur Bewältigung dieser Aufgabe zu gehen, wird auf Grundlage der Erhebung ein Aktionsplan zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt für die Region Göttingen erstellt werden. Gemeinsam mit Expert*innen aus dem Gewaltschutz- und Hilfesystem werden zunächst zielgerichtete Maßnahmen erarbeitet, die anschließend mit der Verwaltung und der Politik abgestimmt werden. Der akute Bedarf nach stabilerer Finanzierung von Schutz- und Präventionsangeboten wird durch den aktuellen Femizid in Göttingen nochmal deutlich in das lokale Bewusstsein gerückt. Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass die Dunkelziffer von Gewalttaten gegen Frauen noch deutlich höher ist als die Zahlen, die durch die Statistik des Bundeskriminalamtes erfasst werden.
Als wiederholte Konsequenz aus den Femiziden und unter Einbezug der wissenschaftlich erhobenen Erkenntnisse, fordern wir unter anderem:
Diese Forderungen richten sich sowohl an Entscheidungsträger*innen der Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden und ihre einzelnen Institutionen sowie an ihre jeweilige Politik. Darüber hinaus appellieren wir auch an z.B. Sportvereine, Kirchenträger, (universitäre) Bildungseinrichtungen, Ärztekammern, juristische Verbände und nicht zuletzt an die allgemeine Bevölkerung, sich solidarisch und aktiv gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt einzusetzen.
Voll Trauer und Wut, in Gedenken an Walaa.